Koch- und andere Bücher, Rezensionen

Kochen ist Krieg! // Gregor Weber

20. Januar 2015

Am Herd mit deutschen Profiköchen

Ein Koch begibt sich auf Wanderschaft und kocht in deutschen Dorfgasthäusern und Sternerestaurants, Fußgängerzonenpizzerien, Betriebskantinen und beim Bundespräsidenten. Er dreht alle Töpfe um und berichtet, was Köchinnen und Köche dort leisten oder auch verbrechen: Es ist heiß in der Küche, sehr heiß … Gregor Weber, der in Kolja Kleebergs »VAU« zum Koch ausgebildet wurde, macht sich auf die Suche nach der Liebe zum Essen und der Essenz des Kochhandwerks in Deutschland. Der ungeheure Kochboom hat den Berufsstand ins Licht der Öffentlichkeit gestellt wie kaum einen anderen, doch davon, wie es tatsächlich am Herd zugeht, haben die meisten keine Vorstellung. Und den Dienst am Bauch kann man sehr unterschiedlich verstehen: Es gibt Köche, die haben schon in Hongkong und Dubai gekocht, und andere, die seit 20 Jahren keinen Fisch mehr in der Hand hatten, der nicht tiefgekühlt war. Die einen arbeiten zwei Tage an der Herstellung einer Kalbssauce, die anderen schütten 1,5 Kilo Pulver auf 80 Liter kochendes Wasser und rühren das Ganze zweimal um.

Piper, 320 Seiten
ISBN 978-3492052931 , € 3,50

Gregor Weber, bekannt als Sohn Stefan der „Familie Heinz Becker“, beschreibt in seinem Buch eine Reise durch zehn recht unterschiedliche deutsche Küchen und gewährt Einblick in den Kochalltag. Diese Küchen sind das Berliner Sterne-Restaurant VAU, das Meisterhaus in Unna, die Kombüse der Fregatte Mecklenburg-Vorpommern, die Küche des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue, das Conviva im Blauen Haus in München, die Seekiste auf der Insel Amrum, Alte Schule in der Uckermark, der Küche der der Schaffermahlzeit in Bremen, der Systemgastronomie der O2 World in Berlin und Victor´s Gourmet Restaurant Schloss Berg, Perl-Nenning.

Dabei beschreibt er nicht nur den Vorgang des Kochens, sondern auch die unterschiedlichen Philosophien und Protagonisten sehr anschaulich und plakativ. Ein paar Beispiele gefällig?

Kochen ist nicht wirklich Krieg, aber es kostet Schweiß und Tränen und manchen Tropfen Blut. Jeder Tag beginnt und endet mit leeren Schubladen, und der tägliche Kampf am Herd bringt Siege, aber auch Niederlagen mit sich. Ein gutes Essen ist das allemal wert.

Ausdauer, Ehrgeiz, ungeheuer Fleiß und die Fähigkeit, Niederlagen und Schmerzen ertragen zu können, gehören also zu den Grundqualifikationen des Kochs in der Spitzengastronomie. Klingt pathetisch, ist aber wahr. Und je höher die Spielklasse, desto höher auch die Anforderungen…

Ein Spruch aus meiner Bundeswehrzeit hat es auch in dieses Buch geschafft: „Lernt leiden ohne zu klagen!“. Besser könnte ich den leicht massochistischen Grundtenor nicht beschreiben. Dieses Buch sollte Pflichtlektüre für jeden sein, der mit dem Gedanken spielt diese Berufslaufbahn zu beschreiten.

Fazit: Ein sehr informatives sowie unterhaltsam geschriebenes „Kochbuch“. Manchmal trotz des reißerischen Titels etwas zu sehr durch die rosarote Brille geschrieben. Kein Wort von irgendwelchen Lebensmittelskandalen, Schwarzgeld, Illegale, verheizte Arbeitnehmer, fliegenden Töpfen und Kochmessern. Deshalb und wegen der Längen in belanglosen Details zwei wilde Sterne Abzug.

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